Esel von einer Herde trennen

Wie schafft man es, wenn eine Gruppe von Eseln extrem aneinander hängt (das sogenannte Kleben), auch mal einen Esel aus der Herde zu nehmen?

Wir haben eine Mutter mit ihren beiden Kindern und konnten jahrelang immer nur zu dritt das Gehege verlassen und in den Wald gehen weil man einen Esel einfach nicht aus der Herde nehmen konnte, er ist nicht einmal bis außer Sichtweite mitgegangen.

Vorweg: das Training, bis man mit einem Esel dann spazieren gehen konnte, hat über 1 Jahr gedauert.

Wir sind in ganz kleinen Schritten vorangegangen. Zuerst sind wir mit einem Esel nur bis vor den Zaun gegangen und dann immer etwas weiter weg und das auch nicht lange. Das haben wir wochenlang so gemacht. Schon da waren die anderen beiden sehr nervös im Gehege.

Dann sind wir außer Sichtweite gegangen und haben die Zeit in der sie getrennt waren immer weiter verlängert, von ein paar Minuten bis zu einer halben Stunde.

Die Esel standen damals noch auf der Jugendfarm so dass wir im nächsten Schritt innerhalb der Jugendfarm kleine Runden gelaufen sind. Zuerst kurz, dann immer länger. Der jeweilige Esel durfte dann auch mal selbst bestimmen wohin es innerhalb der Jugendfarm hinging, nur eines haben wir nie durchgehen lassen – dass sie zurück gerannt sind. Wir sind in dem Fall dann jedes mal an den Punkt zurückgelaufen an dem sie sich losgerissen haben. Immer wieder, ein Geduldsspiel aber irgendwann hatten sie’s verstanden dass sie damit nicht durchkommen.

Anschließend haben wir das Gelände verlassen. Anfangs nur kurz vor die Tür dann immer etwas weiter, mehr als ein, zwei hundert Meter waren es aber nie, weiter sind sie auch nie mitgegangen. Wichtig war dass wir bestimmt haben wann es wieder zurück ging und dass wir die Stecke in kleinen Schritten immer mehr verlängert haben. Das war auch etwas nervenaufreibend weil ich Angst hatte dass sie sich losreißen und wer weiß wohin rennen. Diese Phase hat von allen am längsten gedauert, mehrere Monate.

Irgendwann kam dann einfach der Punkt an dem es Klick gemacht hat – plötzlich, und da muss man auch nach seinem Gefühl und seiner Erfahrung die man beim Training gesammelt hat gehen, ist der Esel dann nicht nur bis zu dem bestimmten Punkt mitgegangen sondern ist die (kleinstmögliche) Runde durch den Wald mitgegangen.  Beim ersten Esel, das erste Mal allein durch den Wald – das war für mich ein extrem emotionaler Moment. Keiner wusste ja ob sich die viele Arbeit überhaupt lohnt, ob wir es überhaupt schaffen würden allein durch den Wald zu gehen. Anfangs war auch die Angst da dass sie sich mitten im Wald losreißen, das ist aber nie passiert.

Interessanterweise war der Esel mit dem ich durch den Wald gelaufen bin immer am entspanntesten. Die zwei zurück gebliebenen Esel waren extrem unruhig, sind, so hab ich mir sagen lassen, im Gehege wild umher gerannt, haben geschrien usw. Das ganze endete dann in einer herzlichen Begrüßung als wir zurück kamen.

Die Strecke und die Dauer haben wir dann immer mehr ausgedehnt, sie sollten sich unterwegs natürlich auch wohl fühlen so dass wir sie auch mal haben grasen lassen oder Brombeerblätter haben fressen lassen. Die Esel haben sich auch immer gegenseitig ohrenbetäubend laut gerufen.

Ich musste in der Zeit auch lernen mit meiner Nervosität und der Angst vorm losreißen umzugehen. Bei solchen Dingen muss man auch viel an sich arbeiten, das Training der Esel war nur ein Teil des ganzen. Ich hab mir damals wahnsinnig viele Gedanken um die Sicherheit gemacht und das war auch der Grund mich in die ganze Eselei tiefer einzuarbeiten.

Die ganzen Übungen haben wir dann mit den anderen beiden wiederholt. Wir haben natürlich mit allen drei Eseln parallel geübt, man bekommt dann aber ein Gefühl dafür welcher Esel als erstes „draußen“ sein wird. Mit dem zweiten Esel sind wir dann ein paar Monate später die Runde gelaufen, beim dritten Esel haben wir viel länger gebraucht weil er damals noch in der Pubertät war und sehr unruhig war und sich tatsächlich auch einige Male losgerissen hat.

Bis heute ist es so dass die beiden zurück gebliebenen Esel sehr nervös sind, sich dann aber auch irgendwann beruhigen.

Mittlerweile laufen die Esel gut 4 Stunden einzeln durch die Landschaft. Die zwei zurückgebliebenen Tiere beruhigen sich schnell wieder.

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